Fahrradwege auf dem Prüfstand: Wie sicher sind (Rad-)Infrastrukturen?

2017-06-08:

Wie sicher und komfortabel sind (Rad-)Infrastrukturen? Und wie lässt sich das objektiv bewerten? Salzburg Research untersuchte mit dem Forschungsprojekt BIKEALYZE verschiedene Methoden, wie Fahrradsicherheit und –komfort im Straßenverkehr zuverlässig und aussagekräftig erfasst und beurteilt werden können.

Viele kennen es: Autofahrer/-innen ärgern sich oftmals über vermeintlich rücksichtslose Fahrradfahrer/-innen – und umgekehrt. Doch wer selbst auf dem Zweirad unterwegs ist, merkt schnell: So einfach ist die Sache nicht. Manchmal liegt es an der Infrastruktur, die entweder unklar und verwirrend oder in manchen Fällen sogar gefährlich für Radler ist.

Salzburg Research hat zusammen mit Partnern verschiedene Methoden unter realen Bedingungen getestet, mit welchen problematische Stellen in der Infrastruktur zukünftig aufgedeckt werden können. 24 freiwillige Radlerinnen und Radler in Wien und Salzburg haben jeweils eine Woche ihre Fahrradalltagswege mit unterschiedlichen Tools aufgezeichnet.

BIKEALYZE: Naturalistic Cycling Studie

Das Forschungsprojekt BIKEALYZE ist eine sogenannte Naturalistic Cycling Studie, also eine Radfahrstudie unter natürlichen Fahrbedingungen. „Echte Radler und Radlerinnen werden auf ihren Wegen mit der zu testenden Technik ausgestattet und ihre Daten bei jeder Strecke unter Einhaltung des österreichischen Datenschutzgesetzes erfasst“, erklärt Sven Leitinger, Projektleiter von Salzburg Research. „Diese Art der Studie hat sich in den letzten Jahren international als vielversprechende wissenschaftliche Methode erwiesen, um die Interaktion von Radfahrern und Radfahrerinnen mit ihrer Umgebung zu analysieren.“

Mit Hilfe allgemein gebräuchlicher Geräte wurden Methoden für die Datenerfassung, Datenauswertung und Interpretation der Daten entwickelt, getestet und evaluiert. Die Aufzeichnung der Bewegungsdaten erfolgte mit dem Smartphone, das GPS-Position, Beschleunigung, Lenkrichtung und Neigung erfasste. Gleichzeitig lief eine Helmkamera (Action-Cam) mit, um ein Video aus der Perspektive des Radfahrers oder der Radfahrerin aufzuzeichnen.

Auswertung der Streckendaten

Die mit dem Smartphone erfassten Zeitreihendaten wurden mit eigens entwickelten Algorithmen analysiert. Anhand der Daten konnten somit starke Schläge und Unebenheiten sowie abrupte Brems- und Lenkmanöver erkannt werden. Nach einem Vergleich mit den Videodaten konnten einzelne Situationen mit auffälligen Datenmustern bestimmten sicherheitsrelevanten Ereignissen zugeordnet werden (z.B. Hindernis auf der Fahrbahn, Konflikt mit Personen, etc.). Die Ergebnisse der Datenauswertung wurden in einem web-basierten Demonstrator visualisiert und beispielhaft hinsichtlich der Fahrradfreundlichkeit, -nutzbarkeit und –sicherheit der (Rad-)Infrastruktur analysiert. Die Ergebnisse solcher Aufzeichnungen und Auswertungen können in Zukunft problematische Stellen in der Fahrrad-Infrastruktur aufdecken und bei Verbesserungen in der Infrastrukturplanung  helfen.

Nutzungsbeispiel: Kiesel-Kreuzung Salzburg

Ein Beispiel für solch eine unübersichtliche Passage ist die Straßenkreuzung mit Ampelregelung am Kiesel-Einkaufszentrum nahe des Salzburger Hauptbahnhofs. „Aktuell gibt es dort einen Baustellenbereich und Fahrradfahrer/-innen, die aus Fahrtrichtung Bahnhof zur Unterführung Nellböck-Viadukt links abbiegen wollen, haben wegen der unübersichtlichen Lage unterschiedliche Querungsstrategien, wie in den Streckenaufzeichnungen ersichtlich wird. Diese sind nicht immer StVO-konform und legen ein Defizit beim Infrastrukturdesign offen“, erklärt Leitinger.

Die Kiesel-Kreuzung in Salzburg ist nur eines von mehreren Beispielen. Auch die Kreuzung Lokalbahnhof Itzling oder die Fuß- und Radunterführung der Karolingerbrücke am Franz-Hinterholzer-Kai werden als herausfordernd identifiziert.

Die getesteten Methoden der Datenerhebung haben sich in der Praxis bewährt. Für eine aussagekräftigere Bewertung der (Rad)-Infrastruktur in Städten und Gemeinden ist eine breitere Datenerhebungen erforderlich. Eine Umsetzung in einem Nachfolgeprojekt wird angedacht.

Das Projekt BIKEALYZE wurde im Rahmen des Programms „Mobilität der Zukunft“ vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) gefördert. Partner von Salzburg Research waren Factum, PlanSinn, Prisma solutions und Universität Salzburg – Fachbereich Geoinformatik.

Rückfragehinweis:

Projektleiter Sven Leitinger
Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH
Jakob-Haringer-Str. 5, 5020 Salzburg
Tel. +43 662 2288-282 | sven.leitinger@salzburgresearch.at

 

Bildmaterial:

Radfahrer: © Salzburg Research

bikealyze_kreisverkehr.jpg: Beispiel für eine lückenhafte Fahrrad-Infrastruktur auf Basis der in den Feldtests aufgezeichneten Bewegungsdaten. Bei einem neuen Kreisverkehr verläuft der Großteil der Befahrungen über Zebrastreifen. Dieses regelwidrige Verhalten führte zu mehreren im Video dokumentierten Konfliktsituationen. Eine Ursache für diese Häufung des Fehlverhaltens könnte in der mangelnden Berücksichtigung des Radverkehrs bei der Planung des Kreisverkehrs liegen. © Prisma solutions/Salzburg Research Orthofoto: basemap.at


 
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