Vernetzung von Kunde, Produktion und Dienstleistung: 8 Handlungsempfehlungen

Eine aktuelle Publikation hilft Unternehmen dabei, Unsicherheiten rund um die Digitalisierung zu reduzieren. Acht konkrete Handlungsempfehlungen dienen als Leitfaden, wie Unternehmen die digitale Transformation für sich gewinnbringend realisieren können.

Nicht erst seit der Corona-Krise kennen wir die Herausforderungen und die Chancen der Digitalisierung. Im EU-Vergleich befinden sich die österreichischen Betriebe im Mittelfeld und haben somit Aufholbedarf im Bereich E-Commerce, Social Media Marketing und im Einsatz und der Nutzung von digitalen/smarten Dienstleistungen (Europäische Kommission 2017). Wie sich zeigt, haben aus dem Querschnitt der Unternehmen in Österreich vor allem die kleinen und mittleren Betriebe (KMU) noch die meisten Defizite im Bereich Digitalisierung.

Die aktuelle Publikation Wenn Kunde, Produktion und Dienstleistung stärker vernetzt werden – ein digitales Transformationsmodell der FH Salzburg und Salzburg Research greift Themen rund um die Akzeptanz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien wie Cloud-Computing oder Digital Twins, sowie dem Internet of Things (IoT) auf. Verschiedene Aspekte dieser Themen werden für unterschiedliche Zielgruppen – Klein- und Mittelständische Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie politische Entscheidungsträger – zugänglich gemacht.

Der Bericht soll Unternehmen dabei helfen, Unsicherheiten zu reduzieren. Neben Daten und Fakten zur zunehmenden Servicierung von Produkten in Österreich, wird ein nützliches Tool, mit dem in einem strukturierten Prozess die unternehmerische Innovationsfähigkeit gesteigert werden kann, beschrieben. Ein Transformationsmodell beleuchtet die Kundenseite und zeigt, welche Kundenakzeptanzparameter die Innovationstreiber z. B. für IoT oder Clouds und die damit verbundene Dienstleistungsdigitalisierungsstrategie in Unternehmen sind. Ein Best-Practice Beispiel erklärt die Treiber von Digitalisierung im Bestellprozess. Außerdem bietet die Publikation konkrete Handlungsempfehlungen:

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Bei der Entwicklung von Serviceinnovationen auf Basis moderner IoT-Anwendungen und Informations- und Kommunikationstechnologien sind Unternehmen mit Herausforderungen auf verschiedenen Ebenen konfrontiert. Diese Handlungsempfehlungen zeigen als Leitfaden auf, wie Unternehmen die digitale Transformation für sich gewinnbringend realisieren können:

Innovationsprozesse in Unternehmen müssen strukturiert ablaufen

Eine grundlegende Herausforderung bei der Entwicklung von Serviceinnovationen ist es, Innovationsvorgänge im Unternehmen zu managen. Dies gilt ganz besonders für die Entwicklung digitaler Dienstleistungen, aufgrund neuartiger Anforderungen, die datenbasierte Anwendungen mit sich bringen. Gängige Modelle zur Produkt- und Prozessentwicklung stellen sicherlich Hilfestellungen dar, können aber kaum als praxistaugliche Tools herangezogen werden, da sie die durch die Digitalisierung gegebenen Umstände nicht voll umfassend miteinbeziehen. Innerhalb dieses Projekts wurde daher der TRIZ-Ansatz weiterentwickelt und auf die Aspekte der Digitalisierung angepasst. In jedem Fall empfiehlt es sich, zum Design und zur Evaluation neuer digitalisierter Dienstleistungen verschiedene Prozessmanagement-Modelle (wie eben das adaptierte TRIZ-Modell) einzusetzen.

Aufbau eines Netzwerkes bzw. von smarten Ökosystemen ist für den Erfolg essentiell!

In vielen Fällen sind digitale Serviceinnovationen nicht von einem einzelnen Unternehmen durchführbar. In dem beschriebenen Use-Case wurden beispielsweise mehrere Komponenten von unterschiedlichen Unternehmen angeführt, die für diesen Service notwendig sind. So kommt bei diesem Beispiel ein Wiegesystem von KVT-Fastening zum Einsatz, welches Daten an einen Cloud-Server übermittelt, auf Basis derer Forecasts und automatisierte Bestellvorgänge ausgelöst werden können, wodurch ein Zulieferer den Auftrag erhält. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Schnittstellen zu gängigen Systemen vorgesehen werden und möglichst die Kooperation mit anderen vor- oder nachgelagerten Unternehmen gesucht wird. Durch den Zusammenschluss bzw. der Geschäftsbeziehung verschiedener Unternehmen, die die Entwicklung solcher Services erst ermöglichen, entstehen neuartige Dienstleistungsnetzwerke und ko-kreative Dienstleistungen. Aus diesem Aspekt heraus macht es für Unternehmen durchaus Sinn, sich auf eigene Stärken zu konzentrieren und Synergien mit anderen Organisationen zu schaffen.

Vertrauen entsteht durch persönlichen UND digitalen Kundenkontakt

Es steht außer Frage, dass persönlicher Kundenkontakt das beste Mittel für Unternehmen ist, um Vertrauen aufzubauen. Persönlicher Kundenkontakt ist jedoch aufwendig, teuer und oft logistisch schwierig. Es empfiehlt sich daher die Möglichkeiten durch smarte Dienstleistungen bewusst zu nutzen, um KundInnen auch auf digitaler Ebene individuell anzusprechen und ein individualisiertes Leistungsangebot zu ermöglichen. Die persönliche Kommunikation wird jedoch weiterhin wichtig bleiben und ist häufig die Basis von Geschäftsbeziehungen, wie der Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens ausführt:

„Je digitaler wir zusammenarbeiten, desto persönlicher müssen wir kommunizieren“.

Gerade bei langfristiger Zusammenarbeit sind Vertrauen und persönlicher Kontakt wichtig und können schwer durch digitale Leistungen ersetzt werden. Der langjährige Geschäftsführer eines weiteren Dienstleistungsunternehmens bringt es auf den Punkt:

„Ich schau den Leuten gerne in die Augen, mit denen ich langfristige Dinge mache.“

Trotz oder gerade wegen der Digitalisierung von Dienstleistungen wird Kundenservice umso wichtiger. KundInnen digitaler Dienste fordern im Falle von Fragen oder Problemen kompetente Ansprechpartner, die die Kundenanliegen ernst nehmen und rasch und zufriedenstellend lösen. Das Kerngeschäft guter Kundenbetreuung, nämlich KundInnen zufriedenstellend zu betreuen bleibt auch erhalten, wenn Dienstleistungen digital erbracht werden.

KundInnen sind Mit-GestalterInnen bei digitalen Dienstleistungsangeboten

Weiters sollten KundInnen aktive MitgestalterInnen des Leistungsangebotes auf Basis neuer digitaler Kontaktpunkte werden. An sich ist die Einbeziehung von KundInnen in Prozesse nichts Neues. Wo früher jedoch individuelle Betreuung und persönliches Gespräch notwendig war, ermöglichen digitale Dienste heute ein automatisiertes Feedback von KundInnen (man denke erneut an den dargestellten Use-Case: Bedarfe im Lager werden in Echtzeit übermittelt und analysiert, wodurch KundInnen den Bestellprozess ständig automatisch selbst optimiert).

Investitionen in digitale Neuheiten werden – wenn von KundInnen als attraktiv wahrgenommen – auch entlohnt

Mögliche Bedenken von Unternehmen hinsichtlich einer hohen Investitionslast oder Abhängigkeiten von anderen Unternehmen im Dienstleistungsnetzwerk sind berechtigt, stehen aber essentiellen Vorteilen gegenüber. Denn zunächst können bei KundInnen durch digitalisierte Dienstleistungen Kostenvorteile entstehen, beispielsweise durch ein verbessertes Forecasting und effizientere Prozesse, wodurch KundInnen oft bereit sind, die Dienstleistung an sich besser zu entlohnen und langfristige Servicepartnerschaften mit dem Unternehmen einzugehen.

Der Kundennutzen als zentrales Gestaltungselement

Ein entscheidender Punkt bei der Implementierung von digitalen Dienstleistungen ist die Frage nach der Kundenakzeptanz. Wie bereits erläutert, gibt es Hemmnisse bei bestimmten Kundengruppen gegenüber digitalen Innovationen. Dem gegenüber steht jedoch, dass individuelle Bedenken bei einem entsprechend hohen Nutzenniveau in den Hintergrund rücken. Innovationshemmnisse und Bedenken von KundInnen sollten gezielt erfragt und die Kommunikation darauf abgestimmt werden. Themen wie Datensicherheit und Datenschutz betreffen die meisten digitalen Dienstleistungen und sollten daher glaubwürdig gelöst und kommuniziert werden. Der Nutzen muss für KundInnen klar erkennbar und in gewisser Weise auch messbar sein. Dazu führt die Geschäftsführerin eines Handelsunternehmens aus:

„Solche Anwendungen müssen für mich Sinn ergeben, Zeit sparen, einfach sein, zuverlässig funktionieren. Dann haben sie einen echten Nutzen. Wenn das eine One-Way-Geschichte ist, dass der Lieferant nur Daten absaugt, ich aber nichts davon habe, dann mache ich da nicht mit.“

Konkret zu automatisierten Bestellsystemen:

„Diese Art Bestellsystem war ausschlaggebend für den Wechsel zum aktuellen Lieferanten.“

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Bedürfnisse der KundInnen des Unternehmens zu kennen z. B. durch Kundenbefragungen, Fokusgruppen oder durch systematische Analyse von Kontaktpunkten mit KundInnen des Unternehmens. Nutzenargumente, die den jeweiligen Kundengruppen wichtig sind, sollten in der Kommunikation klar hervorgehoben werden.

Nutzung gemeinsamer Schnittstellen

Insgesamt vereinfacht sich die komplette Kommunikation durch im Rahmen von digitalen Geschäftsmodellen genutzte gemeinsame Schnittstellen zwischen den Systemen der KundInnen und des Unternehmens. Ein Umstand, der dazu beiträgt, die Loyalität der KundInnen zu erhöhen und zudem eine Wechselbarriere darstellt. Zusammenfassend stellen digitale Dienstleistungen also einen potentiellen strategischen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen dar, der natürlich nach Möglichkeit genutzt werden sollte.

Insbesondere KMU weisen meist beschränkte finanzielle und personelle Ressourcen auf. Dementsprechend könnte ein modularer Aufbau sinnvoll sein, der eine schrittweise Implementierung ermöglicht. Für Unternehmen, die weniger innovationsfreudig sind, ist es hilfreich, Referenzprojekte zu zeigen, wo entsprechende digitale Dienstleistungen bereits im Einsatz sind.

Akzeptanz von Innovationen braucht Zeit (Diffusion)

In Anbetracht der Tatsache, dass smarte Dienstleistungen eine Nutzenmaximierung für KundInnen ermöglichen, sollte das Akzeptanzniveau mit steigender Erfahrung und Vertrautheit zu ansteigen. Es empfiehlt sich daher unbedingt, eine enge Zusammenarbeit und Miteinbeziehung der KundInnen, um das Nutzenniveau so schnell wie möglich zu maximieren. Ungeachtet dessen hat ein Unternehmen aber auch die Chance, gänzlich neue, technikaffine Kundengruppen durch digitale Dienstleistungsinnovationen anzusprechen.

 
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