Rebound-Effekte bei virtueller Mobilität, wie z.B. Online-Shopping

Rebound-Effekte bei virtueller Mobilität vermeiden

Rebound-Effekte sind eine immer größere Herausforderung im Umwelt-, Energie- und Ressourcenmanagement. Innovative, verhaltensorientierte Maßnahmen sollen gezielt im Bereich der virtuellen Mobilität entgegenwirken. 

Ein Rebound-Effekt tritt auf, wenn durch Effizienzsteigerung erzielte Einsparungen teilweise oder vollständig durch erhöhte Nutzung oder ineffiziente Verhaltensweisen ausgeglichen werden. Dies gefährdet die Erreichung nationaler und internationaler Klimaziele, da potenzielle Einsparungen von Energie und CO2-Emissionen untergraben werden. 

Im Fokus des neuen Forschungsvorhaben „GReVity – Ganzheitliche verhaltensorientierte Lösungsansätze für Rebound-Management im Bereich Virtual Mobility“ stehen virtuelle Formen der Mobilität, wie Home-Office und Online-Shopping. Obwohl sie potenziell zu Effizienzgewinnen führen können, bergen sie das Risiko einer verstärkten Ressourcennutzung und zusätzlicher Emissionen, welche die erzielten Einsparungen kompensieren oder gar übersteigen können. Beispiele sind die Verwendung des Autos für zusätzliche Freizeitaktivitäten anstelle von Fahrten zum Arbeitsplatz oder zahlreiche Auswahlbestellungen beim Online-Shopping, bei denen es durch Retouren zu einem erhöhten CO₂-Ausstoß kommen kann.

Lenkungsmaßnahmen in den Bereichen Home-Office und Online-Shopping

Im Forschungsvorhaben „GReVity“ werden wirksame Maßnahmen zur Reduzierung dieser Rebound-Effekte zusammengestellt und ihre Akzeptanz sowie Relevanz in der Bevölkerung bewertet. Anhand aktueller Studien und Literatur wurden für unterschiedliche Formen virtueller Mobilität, wie beispielsweise Home-Office oder Online-Shopping Maßnahmenbündel entwickelt. Beispiele für Maßnahmen im Bereich Home-Office sind u.a. Verteuerung des motorisierten Individualverkehrs (z.B. CO2-Besteuerung) oder Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs (z.B. Angebotserweiterung, Preissenkung). Maßnahmen im Bereich Online-Shopping sind beispielsweise anbieterübergreifende Konzepte (z.B. White Label Lösungen) oder die Bepreisung von Warenretouren.  

Ergebnisse der Akzeptanz- und Relevanzanalyse

Salzburg Research ist in diesem Projekt federführend für die Durchführung von Akzeptanz- und Relevanzanalysen verantwortlich. In einer umfassenden Online-Befragung unter österreichischen Bürger:innen (N=1000) wurden die Akzeptanz der vorgeschlagenen Maßnahmen und Gründe für fehlende Akzeptanz untersucht.

Die Maßnahme „Verteuerung des motorisierten Individualverkehrs mittels CO2-Besteuerung“ wird von fast zwei Drittel der Befragten (63,3 Prozent) abgelehnt. Die Gründe dafür sind mangelnde Infrastruktur, soziale Gegebenheiten, aber auch Bequemlichkeit und Gewohnheit. 70 Prozent jener Personen, die die Maßnahme ablehnen, finden es unbequem anstelle des privaten Pkws öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Darüber hinaus sagten 43 Prozent der Befragten, dass sie aufgrund des sozialen Umfeldes (z.B. Bring- und Holpflichten von Kindern, die kaum ohne Pkw zu bewältigen sind) auf den eigenen Pkw angewiesen sind und daher die Maßnahme nicht befürworten. 37 Prozent gaben an, dass es in ihrer näheren Umgebung (weniger als 1km) keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt und 35 Prozent fahren aus Gewohnheit mit dem Pkw und würden diese Gewohnheit nur schwer ändern.

Die Maßnahme „Bepreisung von Warenretouren“ (10 Euro pro Retoure) zeigt sich, dass mehr als ein Drittel (27,5 Prozent) diese Maßnahme ablehnen. Gründe dafür liegen vor allem im mangelnden Umweltbewusstsein und Bequemlichkeit. 76 Prozent gaben beispielsweise an, dass die Menge an Paketen, die sie zurücksenden, so gering ist, dass Retouren und damit zusammenhängende Emissionen nicht ins Gewicht fallen. Für 68 Prozent würde die Fahrt ins Geschäft oder Einkaufszentrum viel mehr Zeit benötigen, weshalb sie diese Maßnahme ablehnen. Darüber hinaus finden es knapp die Hälfte (49 Prozent) unbequem, wenn sie gezielter bestellen und auf Auswahlsendungen verzichten müssten.  

Relevanz und Umsetzbarkeit der Maßnahmen

Zusätzlich zu der Online-Befragung organisierte Salzburg Research Workshops mit (inter)nationalen Expertinnen und Experten aus dem Mobilitätssektor. In diesen Workshops wurden die vorgeschlagenen Maßnahmen bzw. Maßnahmenbündel hinsichtlich ihrer Relevanz und Umsetzbarkeit diskutiert. Die Ergebnisse zeigen, dass Maßnahmenbündel im Bereich Home-Office zwar einerseits von Expertinnen und Experten mit hoher Relevanz bewertet wurden, diese aber andererseits aber auch oft mit hohen Kosten verbunden sind. So wurde beispielsweise die Verteuerung des motorisierten Individualverkehrs als sehr relevante Maßnahme bewertet. Hinsichtlich der Umsetzung wurden allerdings zahlreiche Hürden diskutiert, die zeigen, dass Maßnahmen in diesem Bereich mit nur sehr hohem Aufwand umgesetzt werden könnten. Politische Hürden, aber auch das Fehlen von Mobilitätsalternativen vor allem im ländlichen Raum wurden beispielsweise genannt. Auch soziale Dimensionen wie Mobilitätschancen oder soziale Gerechtigkeit wurden in diesem Kontext diskutiert. Die Möglichkeit Home-Office zu machen, betrifft in der Regel vor allem höher qualifizierte und gutverdienende Personengruppen, d.h. eine Verteuerung des motorisierten Individualverkehrs würde zwar vielleicht Rebound-Effekte bei Home-Office eindämmen, gleichzeitig aber auch Personengruppen treffen, die weniger gut ausgebildet sind oder weniger verdienen, aber auf das Auto angewiesen sind.  

Grundlage für Handlungsempfehlungen

Mit dieser Forschungsarbeit wird ein wichtiger Beitrag zur Gestaltung nachhaltiger Mobilität geleistet, indem die Verhaltensweisen von Nutzer:innen stärker in den Fokus gerückt und gezielt adressiert werden, um die negativen Auswirkungen des Rebound-Effekts zu minimieren.  Die Ergebnisse aus dem Online-Survey und der Workshops bilden in weiterer Folge die Grundlage für die Entwicklung konkreter Handlungsempfehlungen und der Planung von Umsetzungsschritten.

Die Ergebnisse könnten über den Mobilitätssektor hinaus auch für andere Bereiche des Umwelt- und Ressourcenmanagements von Bedeutung sein. Das Projekt unterstreicht die Notwendigkeit, technologische Innovationen mit einem tiefgreifenden Verständnis menschlichen Verhaltens zu verbinden, um langfristig wirksame Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln. 

GReVity wird im Programm Mobilitätssystem, Mobilitätssystem, Mobilität 2023: Urbane Mobilität und Fahrzeugtechnologien vom Klimaschutzministerium und der FFG gefördert. 

Kontakt

KATJA NEUREITER
Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH
T: +43/662/2288-426 |
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