Überraschende Signale, die nicht für Verblüffung sorgen


Es klingt paradox: Überraschende Erfahrungen können schwache Signale für zukünftige Entwicklungen sein – so die Theorie. Tatsächlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir im Projekt Innovation Signals durch Zahlen und Fakten gepunktet haben – aber nie für eine echte Überraschung gesorgt haben. Das war Anlass für eine Reflexion.

Im Projekt „Innovation Signals“ wurden Tools und ein Verfahren entwickelt, wie man Signale für zukünftige Entwicklungen mit Hilfe der Meinungen und Aussagen von Kundinnen und Kunden im Social Web identifizieren kann. Wichtig war dabei auch, wie man die entsprechenden Aussagen und Zahlen in relevante Themen für den Unternehmenspartner überträgt und kommuniziert. In einem Workshop haben wir unsere eigenen Erfahrungen und die Tipps in der Literatur zu Social Media Mining diskutiert, um anderen Empfehlungen für den Einsatz von Social Media Mining zu Innovationszwecken zu geben (ilab.salzburgresearch.at/innovation-signals). Und einer der 10 Hinweise lautet: Erwartet keine Überraschungen.

Man kann sich nun fragen, warum uns diese Feststellung so wichtig war. Das liegt daran, dass man beim Lesen der Definitionen von „Weak Signals“, also schwachen Signalen für die Zukunft , den Eindruck erhalten kann, dass die möglichen Ergebnisse der Analysen auch total überraschend sind. Vor dieser Fehleinschätzung wollten wir warnen.

Nur: Ist das wirklich so? Geht es anderen auch so, dass sie zwar gute Zahlen und Fakten oder auch Ideen entwickeln, wenn sie in Social-Media-Quellen nach schwachen Signalen suchen, aber keine Überraschungen erleben? Wir haben etliche Studien angeschaut, ob dort beschrieben war, dass die Präsentation der schwachen Signale Verblüffung auslöste: Nichts. Allerdings: Wer spricht in wissenschaftlichen Studien auch über „Überraschungen“ bei der Präsentation von Ergebnissen? Klassischerweise werden ja vorher aufgestellte Forschungshypothesen bestätigt – so gesehen sind Überraschungen meist gar nicht vorgesehen.

Weil wir das spannend fanden, haben wir uns natürlich auch Gedanken gemacht, warum das so ist – oder eben sein könnte. Wir haben bisher vier mögliche Erklärungen gefunden:

4 mögliche Erklärungen

  1. Vielleicht sind die ganz frühen Signale gar nicht im Rauschen des Social Web zu entdecken (zumindest nicht mit den üblichen Verfahren?)
  2. Vielleicht werden die wirklichen Kracher auch (unbewusst, weil zu unwahrscheinlich usw.) bei der Auswahl ausgefiltert?
  3. Vielleicht sind unsere Kundinnen und Kunden auch einfach so tief im Metier, dass sie alle möglichen Signale bereits kennen, und nur überzeugende Zahlen und Fakten dazu suchen?
  4. Und schließlich gibt es auch mögliche Einschränkungen unserer Erkenntnisfähigkeit. Wir können uns z.B. nur schwer ein neues Leitmedium, das dem Buchdruck, Fernsehen und Internet folgen könnte, vorstellen. Der Blick aus unserer epistemologischen Box heraus ist unmöglich.

Schwache Signale mit Hilfe von Social Media identifizieren - Überraschungen? Fehlanzeige!

Diese Überlegungen sind natürlich nur erste Gedanken. So sollte man mehr Expertinnen und Experten befragen, um einschätzen zu können, ob unsere Ernüchterung im Bezug auf Überraschungen generalisierbar ist. Daher haben wir diese Überlegungen in einem kurzen Beitrag für eine Konferenz zusammengefasst und hoffen auf kritische Diskussion.

Fazit:

Wer mit uns auf die Suche nach Signalen für Innovationen gehen möchte, sollte (bis wir Gegenteiliges erleben oder nachlesen) nicht mit Überraschungen rechnen – aber mit hilfreichen Zahlen, Einblicken und Geschäftsideen.

Zum vertiefenden Lesen

  • Eckhoff, Robert; Markus, Mark; Lassnig, Markus & Schön, Sandra (2015): No outstanding surprises when using Social Media as source for weak signals? First attempt to discuss the impact of social media sources to detect surprising weak signals. Proceedings of The Ninth International Conference on Digital Society (ICDS) in Lisbon, Portugal.

Salzburg Research Forschungsbereich(e): Publiziert am 24. Mrz 2015
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